Produkte ohne Qualen
Die Firma Avon Products, Inc., die bis Juni 1989 jährlich etwa 24.000 Tiere für ihre Versuche an Tieren tötete, verwendet nun die Eytex- Methode. Eytex wurde von InVitro International in Irvine, Kalifornien, entwickelt und bestimmt die Reizung anhand eines Systems, das Eiweiße verändert. Ein Pflanzenprotein der Jackbohne imitiert die Reaktion der Augenhornhaut, wenn man es fremden Stoffen aussetzt. Je größer die Reizung, umso trüber wird die Testlösung. Die Skintex-Formel, die ebenfalls von InVitro International entwickelt wurde, wird aus dem gelblichen Fleisch der Kürbisschale gewonnen. Sie ahmt die Reaktion fremder Substanzen auf die menschliche Haut nach. Sowohl der Eytex- wie auch der Skintex-Test können für den Nachweis der Toxizität von mehr als 5.000 verschiedenen Substanzen verwendet werden.
Im Neutral Red Bioassay, einem Produkt der Firma Clonetics Corporation aus San Diego, Kalifornien, wird ein wasserlösliches Färbemittel zu normalen, menschlichen Hautzellen in einer Gewebekulturschale mit 96 kleinen Vertiefungen hinzugefügt. Ein Computer mißt den Grad, in dem das Färbemittel von den Zellen absorbiert wird; so wird die relative Toxizität angezeigt und gleichzeitig eine Voreingenommenheit seitens des Beobachters ausgeschlossen, ein Faktor, der die Effektivität von Versuchen an Tieren immer stark einschränkt. EpiPack, ebenfalls von Clonetics, ist das erste, in den USA im Handel erhältliche Produkt, das lebende, normal geklonte, menschliche Zellen enthält, die verschiedenen Testsubstanzen in diversen Lösungen ausgesetzt werden.
Gewebe- und Zellkulturen können im Labor aus einzelnen Menschen- oder Tierzellen gezüchtet werden. Drei neue Firmen haben eine künstliche "menschliche" Haut entwickelt, die als Hauttransplantat für Verbrennungsopfer und andere Patienten Verwendung findet und Tiere in Produkttests ersetzen kann. (1)
Marrow-Tech mit Hauptsitz in LaJolla, Kalifornien, stellt NeoDerm her. Man beginnt damit, Hautzellen in einen sterilen Plastikbeutel zu injizieren, der ein biologisch abbaubares Netz enthält. Die Zellen lassen sich auf dem Netz nieder und wachsen um es herum wie Wein an einem Holzgitter. Hat man einen Abschnitt der Haut auf den Patienten aufgenäht, löst sich das Netz langsam auf. Die Firma Biosurface Technology aus Cambridge, Mass., verwendet die eigenen Zellen des Patienten, um daraus eine Haut zu züchten, die nur die Epidermis, also die oberste Hautschicht ersetzt. Die dritte Firma, Organogenesis, Inc., ebenfalls ausCambridge, hat Kunden für seine Testhaut gefunden, darunter Avon, Amway, Estée Lauder und andere führende Kosmetikhersteller.
Der CAM-Test verwendet befruchtete Hühnereier, um die Augenreizung zu bestimmen, indem er die Reaktion der Chorionallantoismembran auf die Testsubstanz zeigt. Da diese Membran nicht über Nervenfasern verfügt, verursacht dieser Test weder Unwohlsein noch Schmerzen. Dieser Test wurde für die Hersteller von Kosmetika und Haushaltsprodukten konzipiert, jedoch wurden Eimembranen auch schon für das Anlegen von Virus- und Impfstoff-Kulturen verwendet. Auch wenn wir anstreben sollten, gänzlich ohne Tiere und tierische Nebenprodukte in Experimenten auszukommen, sind Eimembranen den fühlenden Tieren doch noch immer vorzuziehen.
Medizinische Anwendungsgebiete
Gerade in der Medizin findet vermutlich die informativste Forschung nicht in Reagenzgläsern sondern in Krankenhäusern, in Kliniken und in den Büros von Statistikern und Epidemiologen statt. Klinische Studien, für die sich Menschen freiwillig zur Verfügung stellen, Fallstudien, Autopsieberichte und statistische Analysen erlauben eine viel genauere Beobachtung und Verwendung von aktuellen Umweltfaktoren in ihrer Relation zu Erkrankungen des Menschen als dies mit Tieren möglich wäre, die in Laborkäfige eingepfercht werden und Krankheiten unter Bedingungen "angehext" bekommen, die weit von dem entfernt sind, was der Mensch erfährt. Schon lange bevor die Experimente mit rauchenden Beaglen anfingen, wußten Statistiker und Epidemiologen, daß Rauchen beim Menschen Krebs erzeugt, doch wurden - zur großen Freude der Tabakindustrie - Programme mit Warnfunktion vor dem Rauchen herausgezögert und gleichzeitig immer weiter Versuche an Tieren durchgeführt.
Mathematische und Computermodelle, die sich auf Informationen zur physikalischen und chemischen Struktur einer Substanz stützen, können dazu verwendet werden, Voraussagen hinsichtlich der Toxizität einer Substanz zu machen. TOPKAT, ein Software-Paket, das in den USA von Health Designs Inc. vertrieben wird, kann die orale Toxizität sowie Haut- und Augenreizung vorhersagen. Es soll "Verwendung finden als persönliches Handwerkszeug von Toxikologen, Pharmakologen, Chemikern für synthetische Stoffe und Arzneimittel, Industriehygienikern u.a.", so die HDI. (2) Es wird bereits von der Nahrungs- und Arzneimittelbehörde, der Umweltschutzbehörde und den U.S.- Streitkräften verwendet.
Beim Ames-Test wird eine Testchemikalie mit einer Bakterienkultur von Salmonella typhimurium vermischt, dann werden der Mischung aktivierende Enzyme zugefügt. Dieser Test war imstande, 156 von 174 Krebserregern beim Tier aufzuzeigen, das sind 90% der Krebserreger. Außerdem wies er 96 von 108 Stoffen nach, die nicht krebserregend sind; dies entspricht 88%. (3) Der Agarosegel-Diffusionstest wurde in den frühen 60er Jahren entwickelt, um die Toxizität von Plastik und anderen synthetischen Materialien, die für medizinische Apparaturen wie Herzklappen, intravenöse Leitungen und künstliche Gelenke verwendet werden, nachzuweisen. Für diesen Test werden menschliche Zellen und eine kleine Menge des Testmaterials in einen Kolben gegeben, getrennt von einer dünnen Schicht Agarosegel, einem Derivat der Meeresalge Agar. Ist das Testmaterial reizend, erscheint um die Substanz herum eine Zone abgetöteter Zellen.
Zeit und Geld
Tierversuchsfreie Tests sind gewöhnlich schneller und weniger kostspielig als die Versuche an Tieren, die sie ersetzen bzw. verbessern. Eytex-Testsets, die eine 96%ige Übereinstimmung mit dem Draize-Augenreizungstest an Kaninchen zeigen, können drei Konzentrationen einer Chemikalie zum Preis von 99,50 $ testen; ein Draize-Test vergleichbaren Umfanges würde mehr als 1.000 $ kosten. (4)
Bei Krebsstudien können Versuche an Tieren mit einer einzigen Substanz vier bis acht Jahre dauern und 400.000 $ und mehr kosten. Kurzfristige, tierversuchsfreie Tests wie der Ames kosten lediglich 200-4.000 $ und können binnen ein bis vier Tagen abgeschlossen werden. Die Risiken, die es in sich birgt, wenn man jahrelang auf die Ergebnisse von Versuchen an Tieren warten muß, sind wohl offensichtlich: 1985 stellte die Umweltschutzbehörde fest, daß drei Tierversuche keinen ausreichenden Gefährdungsgrad bei dem Pestizid Alar anzeigten, und forderten daher den Hersteller auf, noch weitere Krebsversuche mit Tieren durchzuführen. Diese Tests waren innerhalb der nächsten vier Jahre noch immer nicht abgeschlossen, als die EPA (Umweltbehörde der USA) schließlich beschloß, Alar vom Markt nehmen zu lassen. Tierversuchsfreie Testmethoden hätten nur Tage oder Monate gedauert, nicht jedoch Jahre, was bedeutet hätte, daß weniger Verbraucher mit Produkten in Kontakt gekommen wären, die mit Alar behandelt wurden.
Aus wissenschaftlichen, gesundheitlichen, ethischen und auch wirtschaftlichen Gründen müssen sich Wissenschaftler einfach auf tierversuchsfreie Alternativen konzentrieren, und die riesige Zahl der Versuche an Tieren, die mehr aus "Neugierde" denn aus einer wirklichen Notwendigkeit nach Informationen durchgeführt werden, sollten sofort eingestellt werden.
(1) Fisher, Lawrence M., "3 Companies Sped Artificial Skin," The New York Times, Sept. 12, 1990.
(2) "Computer Model for Toxicity," PCRM Update, July-Aug. 1988, p.2.
(3) "Animal Tests for Cancer-Causing Chemicals," PCRM Update, Nov.-Dec. 1988, p. 4
(4) Feder, Barnaby J., "Beyond White Rats and Rabbits," The New York Times, Feb. 28, 1988.